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EuGH stärkt Arbeitnehmerrechte - Neue Regeln für Urlaubsabgeltung und Kündigungsfrist

EuGH stärkt Arbeitnehmerrechte - Neue Regeln für Urlaubsabgeltung und Kündigungsfrist

Zwei Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) haben weitreichende Auswirkungen und wesentliche Änderungen im deutschen Arbeitsrecht gebracht.

So hat der EuGH bereits mit Urteil vom 20.01.2009 (Az.: C-350/06 und C-520/06) klargestellt, dass ein Arbeitnehmer seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht verliert, wenn er ihn wegen Krankheit nicht ausüben konnte. Der nicht genommene Jahresurlaub war in diesem Fall abzugelten.

Diese EuGH-Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 24.03.2009 (Az.: 9 AZR 983/07) unmittelbar umgesetzt und geklärt, dass das EuGH-Urteil sich direkt auch ohne Gesetzesänderung auch für private Arbeitgeber auswirkt.

Bisher wurden die einschlägigen Vorschriften des Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) so ausgelegt, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch erlischt, wenn der Urlaubsanspruch aufgrund der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers bis zum Ende des Übertragungszeitraums nicht erfüllt werden kann. Daran wird nun nicht mehr festgehalten.

Im konkret entschiedenen Fall war die Klägerin von August 2005 bis 31. Januar 2007 als Erzieherin für den beklagten Verein tätig. Sie erlitt im Juni 2006 einen Schlaganfall und war vom 2. Juni 2006 über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus zumindest bis August 2007 durchgehend arbeitsunfähig.

Die Klägerin verlangte mit ihrer im Januar 2007 zugestellten Klage u.a. Abgeltung der gesetzlichen Urlaubsansprüche aus den Jahren 2005 und 2006. Das BAG hat diesen Teilen der Klage im Unterschied zu den Vorinstanzen stattgegeben. Ansprüche auf Abgeltung gesetzlichen Teil- oder Vollurlaubs erlöschen nicht, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres und/oder des Übertragungszeitraums erkrankt und deshalb arbeitsunfähig ist.

Ein weiteres, ganz aktuelles Urteil des EuGH vom 19.01.2010 (Az.: C-555/07) hat eine lange schwelende Diskussion hinsichtlich der Altersdiskriminierung im deutschen Arbeitsrecht beendet.

Der EuGH hat in diesem Urteil entschieden, dass die Altersgrenze des 25. Lebensjahres für die Kündigungsfristen nach § 622 Abs. 2 S. 2 BGB unzulässig altersdiskriminierend und damit europarechtswidrig ist.

Die höchsten EU-Richter wiesen zudem die deutschen Gerichte an, die fragliche deutsche Regelung in laufenden Prozessen vor Arbeitsgerichten erforderlichenfalls unangewendet zu lassen.

Arbeitgeber sollten also bei der Berechnung der gesetzlichen Kündigungsfrist diese Regelung nicht mehr anwenden, obwohl sie weiter im Gesetz steht.

Da das deutsche Arbeitsrecht durch „Einmischung“ des EuGH immer komplizierter wird und selbst der im aktuellen Gesetzestext abgedruckte Gesetzeswortlaut teilweise nicht mehr gilt, sollten sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer sich stets fundierten Rechtsrat insbesondere bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen einholen.

Rechtsanwalt Dominik Ruf


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